Zur Geschichte der Zwickauer Johanniskirche

johannis aussenansichtDie Zwickauer Johanniskirche unseres Kirchspiels mutet auf den ersten Blick dörflich an, hat aber durch den Erweiterungsbau von 1886 im Äußeren etwas Großartiges mitbekommen: Treppengiebel nach norddeutschem Muster und neugotische Fenstergestaltung. Gekrönt wird der Bau von einem alles überragenden Dachreiter, der bereits bei der Kirchenerweiterung im 16. Jahrhundert aufgesetzt wurde. Beim Hineingehen wird der Blick gehalten von den Inschriften und der Gestaltungsart zweier gut restaurierter Epitaphe aus den Jahren 1746 und 1762. Welch eine Glaubenskraft, welch eine Bewältigung von Leben spricht uns durch diese Grabsteine an! Die alten Kirchenmauern erzählen von den Kämpfen und Opfern, die von den knapp 35 Weißenborner und Niederhohndorfer Bauersfamilien sowie von den Knechten und Mägden der beiden Vorwerke für die Erhaltung und Erweiterung ihrer Kirche immer wieder geleistet wurden.
    
Kriegswirren und Brand, Mißernten und Pestilenz - 1583 waren 72 Pesttote zu beklagen - brachten die beiden Dörfer oft an den Rand des Untergangs und machten das Kirchlein fast zur Ruine. Um diese Zeit wurde auch aus der althergebrachten Bezeichnung Weißenborner Kirche - gemeint war die als Martinskirche gegründete alte Dorfkirche - die offizielle Bezeichnung Johanniskirche Zwickau Nordwest.

johannis altar

Wenn man das Innere der Johanniskirche betritt, sind deutlich drei Baukörper erkennbar: die aus dem 13. Jahrhundert stammende Straßenkapelle (Altarraum und Sakristei); die im 14. Jahrhundert erweiterte und nun mehr völlig ausgebaute Dorfkirche mit dem imposanten Dachreiter und der Kassettendecke (Mittelschiff); schließlich die beiden 1886 angefügten Seitenschiffe mit den Emporen, die von starken Doppelsäulen aus Gußeisen getragen werden.

Rot gestaltete Kreuzrippen tragen das alte gotische Gewölbe, das nach neuesten Untersuchungen um 1250 erbaut worden ist.Diese drei Baukörper bilden seit der großzügigen Rekonstruktion und Erweiterung von 1886 durch Oskar Mothes die jetzige Gestalt der Johanniskirche. Die ursprüngliche Straßenkapelle bildet den östlichen Teil der Kirche, den heutigen Altarraum.

 

Altar, Tabernakel, Sakristei und Taufkapelle

Auf dem Altar erhebt sich das Kreuz mit der Jesusfigur. Leider ist von der ursprünglich vorhandenen Halbplastik des Heiligen Martin, der seinen Mantel teilt, nichts mehr vorhanden. Daher wurde 1938 ein neuer Altarschmuck eingeweiht:

johannis tabanakel

Auf ein neu angefertigtes schwarz-goldenes Kreuz mit hohem Sockel wurde der um 1700 in barockem Stil aus Lindenholz geschaffene Leib des Gekreuzigten angebracht. Diese geschnitzte Christusfigur stammt aus einer Kirche im ostsächsischen oder niederschlesischen Raum. Links vom Altar befindet sich ein Tabernakel, das von einem inzwischen fast 800 Jahre alten schmiedeeisernen Gitter verschlossen wird. Hier wurden in vorreformatorischer Zeit die beim Abendmahl gewandelten Hostien aufbewahrt. Über dem Joch dieser Sakramentsnische ist die Inschrift "INRI" zu erkennen.

 

johannis taufstein

Gegenüber der Sakristei befindet sich die bei der 1886 erfolgten Verbreiterung der Kirche neu entstandene Taufkapelle. Sie überwölbt einige Gräber, die unmittelbar an der alten südlichen Außenmauer der Kirche lagen. Im Zentrum des Raumes befindet sich ein aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammender achtseitiger Taufstein mit gewundenem Rundschaft. Das Taufbecken von 1640 ist aus Messing getrieben.

 

 

Mittelschiff, Schwibbogen und Kanzel

Spätestens seit 1564 hatte die alte Dorfkirche die Ausmaße des heutigen Hauptraumes der Kirche innerhalb der vier Doppelsäulen erreicht. Betrachtet man den Raum von der Türe aus, so stechen der Schwibbogen und die Kanzel mit ihrer Farbigkeit ins Auge.

Der farbenfreudige Schwibbogen, heute wie in früheren Zeiten in den Farben des Regenbogens gemalt, erinnert an den Bund, den Gott mit den Menschen und der gesamten Schöpfung schloß. Der Corpus der Kanzel zeigt vier Evangelistenbilder und ist bei der großen Innenrenovierung in den Jahren 1981-1984 in den Originalfarben restauriert worden.

 

Kassetendecke und Orgel

johannis orgel

Die Kassettendecke wurde 1684 eingebaut und in deftigem Bauernbarock farbig ausgestaltet. Auf der Empore über der Eingangstür befindet sich eine im Jahre 1990 eingeweihte mechanische Orgel der Firma Voigt aus Bad Liebenwerda. Das Instrument verfügt über zwei Manuale und 14 Register. Nach dem Kauf eines gebrauchten Orgelpositivs im Jahre 1690 war 1732 die erste komplette Orgel eingebaut worden.     

Nach der zweiten und dritten Orgel in den Jahren 1854 bzw. 1913 ist das heutige Instrument die vierte Orgel in der Johanniskirche. Während ihres Einbaus und der Renovierung der Kirche wurden Teile des fast 300 Jahre alten Orgelprospekts im Turmgewölbe gefunden und behutsam restauriert. Die vier singenden Engelsfiguren und das verbindende Rankwerk wurden vom Zwickauer Bildhauer Irmisch im Jahre 1732 geschaffen.

 

 

Seitenschiffe, Anna-Selbdritt-Plastik und Glocken

johannis plastik

Durch den Erweiterungsbau von 1886 und die damit verbundene "Rettung" der alten Dorfkirche hat der Innenraum eine Erweiterung erfahren, durch die die Proportionen der Kirche verändert wurden: Die Bankreihen nach links und rechts öffnen den Raum, machen ihn aber mehr breit als lang. So ist von diesen Plätzen aus die ursprüngliche Kapelle, der Altarraum, nicht mehr einzusehen.
    
Um den Blick der im südlichen Seitenschiff sitzenden Gläubigen zu sammeln, versetzte man deshalb 1983 den Taufstein, so daß er jetzt auf der rechten Seite zu betrachten ist.
Im nördlichen Seitenschiff wird der Blick des Besuchers gehalten von einer Anna-Selbdritt-Darstellung, einer Holzplastik, die der Zwickauer Holzschnitzer Peter Breuer um 1500 geschaffen hat.

Die Plastik stellt die Heilige Anna dar mit ihrer Tochter Maria auf dem einen und Jesus, ihrem Enkel, auf dem anderen Arm. Diese Anna-Selbdritt-Darstellung war zur Zeit des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen (1486-1526) sehr beliebt. Im Bauchbereich der Figur befindet sich eine kreisförmige Vertiefung, die ursprünglich zur Aufbewahrung einer Reliquie diente. Getragen wird das Kirchenschiff mit den rundumlauf enden Emporen von vier Säulenpaaren, die beim Erweiterungsbau von 1886 heiß umstritten waren, da mit ihnen technologisches Neuland beschritten wurde. Nicht Sandstein säulen sollten die Stützwände ersetzen, sondern gußeiserne Doppelsäulen, die die Arkadenwände tragen. Über ein Jahrhundert halten sie nun schon die gesamte Dachkonstruktion mit dem Dachreiter und dem Glockenstuhl. Im Glockenstuhl erinnern drei Glocken an die drei täglichen Gebetszeiten und rufen zu den Gottesdiensten.

Dazu ertönt jede volle Stunde die Stundenglocke, welche außen am Dachreiter zu sehen ist. Leider wurde das alte Bronzegeläut aus dem 15. Jahrhundert für die Rüstungsproduktion des Ersten Weltkriegs beschlagnahmt. Seither lassen vier gußeiserne Glocken ihre Stimmen über Weißenborn erschallen.

 

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